Zwischen zwei unterschiedlichen Versorgerbatterien wechseln - aber wie richtig?

Bitte bei Problemen mit dem Forum das Endgerät und Version angeben!
  • Hallo allerseits,

    seit einiger Zeit bastle ich an einem 95er Trapo um ihn camping- und reisetauglich zu machen. Allein durch Mitlesen hat mir dieses Forum schon oft weitergeholfen - insofern vielen Dank an die tolle Community hier.


    Eine Frage bezüglich zweier Versorgerbatterien muss ich nun dennoch persönlich stellen. Sachlage ist die folgende:

    Ab Kauf war vom Vorbesitzer bereits ein 85Ah AGM Akku mit 230V Wechselrichter verbaut. Dieser wird über die Lima geladen.
    Zusätzlich wird gerade ein separates Solarsystem installiert. (150W Panel von Offgridtec, Steca Laderegler, 120Ah Exide Gel Akku).

    Alle 12V Verbraucher (Musik, Ladestation, Licht) sollen grundsätzlich über den solargeladenen 120Ah Gel Akku laufen.
    Der limageladene 85Ah AGM Akku funktioniert bisher eher als Backup für (dank bereits vorhandenem Wechselrichter) 230V Anwendungen.

    Konsequenterweise kam mir die Idee, dass ich bei Bedarf (wenig Lichtausbeute bei Schlechtwetter, Winter) die 12V Versorger per manueller Umschaltung auch vom limageladenen 85Ah AGM Akku speisen kann.
    (Hier kommt der Punkt an dem ich zugebe, dass ich Laie bin und sich mein Wissen aus Recherche und getrübten Erinnerungen aus dem Physikunterricht zusammensetzt.)
    Dazu müsste der versorgende 120Ah Akku per Natoknochen abeklemmt werden und eine ausreichend dicke, mit entsprechend dimensionierter Sicherung und Natoknochen ausgestatte Leitung vom Pluspol des 85Ah AGM Akkus zum Sicherungsverteiler der 12V Verbraucher gelegt werden. So kann ich bei Bedarf entweder den 120Ah Gel ODER eben den 85Ah AGM Akku die 12V Verbraucher versorgen lassen.
    Sollte hier bereits ein Denkfehler vorhanden sein, bitte intervenieren.

    Jetzt kommt aber die Hauptfrage, auf die mir weder Recherche, noch der (von Person zu Person abweichende!) Rat befreundeter Elektriker eine einheitlich befriedigende Antwort geben konnten.

    Wie trenne ich die Akkus richtig?
    Setze ich den Natoknochen jeweils an Plus, Minus oder beide Pole der Akkus?
    Die einen sagen dies, die anderen das, die anderen meinen es ist egal.
    Auch in diversen Onlinethreads sagt der eine Elektriker mit tausend Jahren Erfahrung "Minus", der nächste Elektroingenieur widerspricht vehement, sagt es sei "Plus" und verweist auf seine zweitausend Jahre Erfahrung ...


    Hoffe, ich konnte die Sachlage verständlich schildern und bedanke mich vorab für jeden hilfreichen Post. :)

    Grüße,
    meister.meier

  • Hallo meister.meier,

    Wie trenne ich die Akkus richtig?
    Setze ich den Natoknochen jeweils an Plus, Minus oder beide Pole der Akkus?
    Die einen sagen dies, die anderen das, die anderen meinen es ist egal.
    Auch in diversen Onlinethreads sagt der eine Elektriker mit tausend Jahren Erfahrung "Minus", der nächste Elektroingenieur widerspricht vehement, sagt es sei "Plus" und verweist auf seine zweitausend Jahre Erfahrung ...


    Hoffe, ich konnte die Sachlage verständlich schildern und bedanke mich vorab für jeden hilfreichen Post. :)

    Die Idee mit den Nato-Knochen ist nicht schlecht und funktioniert auch problemlos. Du solltest darauf achten, dass die Batterien evtl. unterschiedliche Ladeschlussspannungen haben und du durch Fehlbedienung (beide Knochen geschlossen) evtl. eine Batterie - evtl auch die Starterbatterie "kochst" (im Ladebetrieb oder über die Solarspannung).

    Die Leitungen zwischen den Batterien werden oft - wegen der evtl. hohen fließenden Ströme - nicht abgesichert. Dann müssen diese aber sehr sicher und vor allem kurzschlusssicher verlegt sein. Da darf es nie durch Scheuern oder Bruch zu einem Kontakt zwischen unabgesicherter Plusleitung und Karosserie (Masse) kommen können.

    Alternativ kannst du die Leitungen je nach Leitungsquerschnitt batterienah an jeder (!) Batterie in der Plusleitung absichern. Bei angenommenen 6mm² Leitung würde ich 70A Sicherungen empfehlen, bei 10 mm² dann 100 A.

    Die werksseitig verbauten Trennrelais arbeiten in unseren T4 (und fast allen anderen Autos auch) regelmäßig nach dem Prinzip: alle Batterien haben eine gemeinsame Masse (Minuspol) die auch mit der Karosserie verbunden ist. Die Plusleitungen werden geschaltet. Wenn du das auch so machst, bekommst du die wenigsten Kompatibilitätsprobleme und alle Verbraucher können weiterhin (wie in den KFZ üblich) mit der Minusseite über die Karosserie angeschlossen werden. Du brauchst dann meistens nur ein Pluskabel zu ziehen.

    So würde ich das machen und Dir auch empfehlen. Das bedeutet also die Natoknochen zwischen beiden Batterien jeweils in die Plusleitung einzubauen.

    Gruß, Jörg

  • Hallo Jörg,

    hab vielen Dank für die super schnelle und verständliche Antwort! :)


    Eine Frage tut sich auf - angenommen ich habe versehentlich BEIDE Batterien zugeschaltet und versorge meine Verbraucher mit dem Saft beider Batterien.
    Das wär ja quasi eine Parallelschaltung, Spannung bleibt gleich und Kapazität addiert sich. Jedoch haben wir es hier explizit mit zwei Batterien unterschiedlicher Bauform(!!!) und Kapazität zu tun, wovon bei paralleler Schaltung überall abgeraten wird und baugleiche Batterien vorrausgesetzt werden.
    Angenommen ich bemerke das nicht, dürfte das aufgrund unterschiedlicher Entladeschlusspannungen und Ladekennlinie im Worst Case doch in einer köchelnden Säuresuppe und flambierten Bulli enden, oder? Und das wär ja dann eher nicht so geil ...


    Grüße,
    meister.meier aka Andi

    Einmal editiert, zuletzt von meister.meier (1. Juni 2017 um 14:16)

  • Angenommen ich bemerke das nicht, dürfte das aufgrund unterschiedlicher Endladeschlusspannungen und Ladekennlinie im Worst Case doch in einer köchelnden Säuresuppe und flambierten Bulli enden, oder?

    Nein, da passiert zuerst (!) mal nichts kritisches. Du musst natürlich verhindern (aber das musst du sowieso) dass die Batterien (egal ob parallel geschaltet oder nicht) tiefentladen werden.

    Solange die Batterien bei Parallelschaltung geladen oder entladen werden und zumindest ähnliche Spannungen haben (was ja zutrifft) wird beim entladen halt nur eine Batterie schneller entladen (früher leer) und beim laden eine Batterie nie ganz voll (die mit der höheren Ladeschlussspannung) oder eine Batterie zu stark geladen (die mit der geringeren Ladeschlussspannung wenn das Ladegerät für die Batterie mit höherer Ladeschlusspannung ausgelegt ist). Letzteres gilt es zu vermeiden.

    Im Leerlauf (also wenn sie weder geladen noch entladen werden) werden sich Batterien mit unterschiedlichen Bauformen und Ladeschlussspannungen gegenseitig stärker entladen als das im getrennten Zustand der Fall ist. Beendet man dann die Parallelschaltung nicht frühzeitig, dann werden die Batterien durch Tiefentladung irgendwann beschädigt.

    Daher muss man die Spannungen und Ladezustände bei einer solchen manuellen Verbindung immer kennen und im Auge behalten. Ebenso wie die Stromverfügbarkeit am Ladegerät, der Lichtmaschiene und dem Solarregler.

    Dauerhaft sollten die Batterien nur beim Laden oder Entladen zusammengeschaltet sein - sobald der Leerlaufbetrieb anfängt sollte man sie spätestens trennen. Haben die Batterien unterschiedliche Ladeschlussspannungen, dann sollten Sie besser getrennt geladen werden - manchmal reicht es auch die Batterie mit der höheren Ladeschlussspannung alle paar Wochen mal richtig voll zu laden um ihre Kapazität zu erhalten - das hängt aber vom genauen Batteriemodell ab.

    Beim Entladen brennt da auf jeden Fall nichts durch die Parallelschaltung - im dummsten Fall geht die Batterie kaputt durch Tiefentladung.
    Beim Laden kann die Batterie mit niedrigerer Ladeschlussspannung bei Parallelschaltung kochen - aber auch dann brennt nichts - nur die Batterie geht kaputt (eine anständige Batterieentlüftungsleitung vorausgesetzt - sonst hast du zusätzlich Säurenebel im Batterieraum.) Aber brennen tut dann auch nichts.

    Gruß, Jörg

  • Moin Jörg,

    danke dir für die Antwort und die vielen Infos!
    Die Idee ist ja nach wie vor, beide Batterien immer nur getrennt voneinander zu nutzen. Dass mir im Falle einer der Unachtsamkeit geschuldeten, manuellen Parallelschaltung nicht gleich wegen ner potentiellen Explosion in die Hose machen muss, beruhigt ungemein. ;)

    Werde also jeweils am Pluspol per Natoknochen trennen, natürlich mit entsprechend dimensionierten Kabeln und Sicherungen.

    Grüße,
    meister.meier/Andi

  • Werde also jeweils am Pluspol per Natoknochen trennen, natürlich mit entsprechend dimensionierten Kabeln und Sicherungen.

    Bei solchen manuell geschalteten Konstellationen hat es sich bewährt, dass man entweder für jede Batterie getrennt oder ein gemeinsames aber auf die einzelnen Batterien umschaltbares Voltmeter irgendwo im Sichtbereich einbaut. Dadurch kann man gut für jede Batterie auf den Ladezustand, die Belastbarkeit und vor allem auf ungewöhnlich Betriebszustände achten - und manchmal noch rechtzeitig reagieren wenn mal was aus dem Ruder läuft.

    Ich hatte auch Jahre lang ein (nur) manuell schaltbares Trennrelais eingebaut - und das eine oder andere mal vergessen es im Stand zu öffnen. Das erkennt man dann gut daran, dass die Spannung der Startbatterie im Stand durch die Verbraucher (z.B. Kühlbox) mit absinkt.

    Gruß, Jörg